Pünktlich um 9:00, als Ashley die Rezeption besetzt sind wir aufbruchbereit.
Wir zahlen also und machen uns auf den Weg, in der Gegend um Stonehenge herum zu wandern.
In einen kleinen Ort in der Nähe parken wir auf einem großen Parkplatz. Das Örtchen scheint eine reine Militärsiedlung zu sein, also ist kaum was los. Wir ziehen die Wanderschuhe an und machen uns auf den Weg.
Nach etwa 500 Metern geht die Straße in einen Feldweg über, dem wir weiter folgen. Nach weiteren 500 Metern kommen wir über eine kleine Kuppe und sehen in etwa einem Kilometer Entfernung tatsächlich den Steinkreis.
Vorsichtshalber machen wir schon mal ein paar Fotos … wer weiß, wie weit der Weg noch führt. Bis jetzt gab es jedenfalls keinerlei Absperrung oder „Durchgang verboten“-Schilder.
Zwischen zwei Schafweiden führt der Feldweg immer weiter geradeaus auf Stonehenge zu und eigentlich gehen wir davon aus, das jetzt doch bald ein Zaun kommen müsste .. aber nix da.
Etwa 200 bis 300 Meter vom Steinkreis entfernt stehen rechts und links des Weges Wohnmobile und Wohnwagen … und zwar so heruntergekommene Teile, das wir sicher davon ausgehen können, das sie schon mehrere Jahre hier stehen. Die Bewohner sind offensichtlich Hippie-Druiden!!
Zwischen den Wohnwagen führen immer wieder Tore auf die dem Denkmal zugewandte Schafweide, so wie wir es auch schon aus Cornwall kennen. Eines davon durchschreiten wir und gehen jetzt schnurgerade zwischen den Schafen hindurch.
Und nach ein paar Minuten stehen wir tatsächlich 15 m von Stonehenge entfernt an einem einfachen Weidezaun.
Zusammen mit uns sind noch mehrere Leute hier, die alle keinen Pence Eintritt bezahlt haben … und alle werden wir argwöhnisch von den zahlenden Besuchern beobachtet, die etwa 5 Meter näher dran sind!
Ich könnte mich einerseits wegwerfen vor lachen, weil wir gerade 42,- EUR gespart haben und nicht viel weniger zu sehen bekommen als die abgezockten Touristen … andererseits könnte ich mir in den Hintern beissen, weil wir nicht schon gestern Abend hierher gefahren sind. Wir hätten uns mit unserem Camper lässig zwischen die „Druiden-Hippies“ stellen und zum Sonnenuntergang wahrscheinlich sogar mal kurz über den Zaun hüpfen können, um die perfekte Sonnen-Untergangs-Perspektive zu bekommen.
Naja, für´s nächste Mal weiß ich Bescheid … vielleicht komme ich ja noch mal in die Gegend.
Wir machen noch ein paar Fotos des wirklich beeindruckenden Steinkreises und würdigen die übermenschliche Anstrengung, die nötig gewesen sein muss, um diese 75 bis zu 50 Tonnen schweren Steine aus dem 30 km entfernten Marlborough hierher zu schaffen und anzuordnen. Als Ingenieur kann ich mir zwar in etwa vorstellen bzw. ausrechnen, welche rein physikalische Arbeit dahinter steht (ca. 4100 kWh für einen 50 Tonnen-Stein, Steigungen und Gefälle nicht berücksichtigt!). Aber welcher spirituelle Antrieb dahinter gestanden haben muss, vermag ich mir nicht vorzustellen. Ich empfinde jedenfalls große Ehrfurcht gegenüber dieser Leistung.
Breit grinsend machen wir uns jedenfalls wieder auf den Weg zurück zum Wagen.
Unser nächster Stopp ist Old Sarum.
Da wir, wie gestern schon geschrieben, beide „Sarum“ von Edward Rutherford gelesen haben, ist auch der Zwischenhalt hier ein Musthave.
Am nördlichen Ortsrand von Salisbury erhebt sich der alte Stadthügel, den wir in einem kurzen Spaziergang umrunden. In der Mitte des Stadthügels erhebt sich der von einem tiefen Graben umgebene Burghügel. Von der Bebauung ist nicht mehr viel zu sehen, außer den Fundamenten der alten Kathedrale, trotzdem kann man sich gut vorstellen, wie von hier aus schon die Kelten ins Tal des Avon herabgeschaut haben. Ein noch besseres Bild kann man sich machen, wenn man einen Blick auf das Modell wirft, das in der Kathedrale von Salisbury ausgestellt war (leider nicht, als wir dort waren):
(Bild-Quelle:https://de.wikipedia.org/wiki/Old_Sarum)
Jedenfalls bestärkt mich der Besuch hier nochmal in meinem Beschluss, ein paar alte Bücher nochmal aus dem Regal zu holen und zu lesen, und zwar am besten in historischer Reihenfolge:
- Bernard Cornwell – „Stonehenge“
- Edward Rutherford – „Sarum“
- Bernhard Cornwell – „Artus-Trilogie“
- Ken Follet – „Die Säulen der Erde“
…. ist ja nicht so, das ich nicht schon eine ellenlange „Books-to-read-Liste“ hätte und mich gerade durch Ken Follets 3000-seitige „Jahrhundert-Saga“ arbeite!!
Aber auch hier aus Old Sarum brechen wir bald wieder auf und wenden uns Richtung Süden, denn schliesslich müssen wir heute noch bis nach Dover, und wir wollen nicht über die Autobahn an London vorbei fahren, sondern den Rest des Tages nutzen, um an der englischen Südküste entlang zu tingeln.
Nachdem wir uns durch den Stadtumfahrungs-Stau von Salisbury gedrängt haben, geht es weiter Richtung Southhampton und Portsmouth. Da diese großen Städte aber kaum zu einer geruhsamen Mittagspause einladen, lassen wir sie hinter uns und biegen stattdessen ein paar Meilen weiter nach Bognor Regis ab, einem Seebad an der Küste von Sussex. Hier parken wir und gehen zu Fuß an der Promenade entlang … den leicht gammeligen Charme der 70er einatmend!
Die Stadt bemüht sich sichtlich um Attraktivität, aber der obligatorische Pier mit Disco und Spielhalle hat schon bessere Zeiten gesehen und auch der 15 Meter breite grobe Kiesstrand wirkt nicht wirklich einladen. Aber wie wir schon in Perranporth gesehen haben, sind Engländer einfach härter als wir … klar das sie da auch eine andere Vorstellung von Erholung haben.
Wir suchen uns was zum Mittagessen und landen zuerst in einem ziemlich schrägen Hotel-Pub direkt an der Promenade, aber irgendwie fühlen wir uns unwillkommen … was vielleicht daran liegen könnte, das uns die Bedienung mit völliger Missachtung straft. Also verlassen wir den Laden wieder, was sich als sehr gute Entscheidung herausstellt, denn in einer Seitenstraße finden wir schliesslich einen kleinen aber sehr feinen Laden namens „Simply Delicious„. Hier wird sehr frisch und lecker gekocht, freundlich bedient und wir bekommen ein hervorragendes Mittagessen … auch wenn die nette Bedienung einen Slang spricht, von dem wir nur die Hälfte verstehen.
Gesättigt und mit einem doppelten Espresso gegen die ermüdende Weiterfahrt gewappnet gehen wir wieder an der Promenade zurück zum Wagen und setzen unsere Reise fort. Die meisten der jetzt folgenden Südküsten-Seebäder inkl. Brighton lassen wir links (bzw. rechts) liegen. Dabei hätte sich gerade Brighton vielleicht gelohnt, und sei es nur um ein wenig „60er-Jahre-The-Who-Quadrophenia-Mods-gegen-Rocker-Feeling“ aufzunehmen …. aber erstens hat man ja nicht für alles Zeit und zweitens hätte man dafür zumindest standesgemäß auf dem getunten Lambretta-Roller und im Parka in die Stadt fahren müssen! Außerdem sieht Brighton auf der Karte wenig einladend aus, weil viel zu groß … im Gegensatz zu Hastings, das wirklich klein und schnuckelig aussieht.
Neben seiner bewegten Geschichte (1066; Schlacht bei Hastings; Wilhelm der Eroberer; Normannen gegen Angelsachsen; Teppich von Bayeux, blablabla…) verfügt Hastings nämlich noch über eine für uns im Moment sehr viel interessantere Sehenswürdigkeit: Einen kostenfreien Parkstreifen mit ungestörtem Blick auf´s Meer!
Denn das ist es, was der Camper nach einer langen und ermüdenden Fahrt braucht … einen Platz, um sich vom Rauschen der Wellen bei leicht geöffnetem Fenster auf seinem Bett liegend in den Nachmittags-Schlaf wiegen zu lassen … und zwar ohne Gefahr zu laufen, ein Parkticket zu kassieren.
Als es schon fast dämmert fahren wir weiter, ab hier wieder tiefer im Landesinneren durch eine liebliche Hügellandschaft bis Dover.
Hier gestaltet sich die Stellplatzsuche im schwindenden Tageslicht etwas problematisch, denn wieder haben wir einen Platz auf der 6:00-Uhr-Fähre und müssen daher noch für ein paar Stunden einen Platz zum Schlafen finden. Hastings wäre dafür schon nett gewesen, ist aber leider zu weit von Dover entfernt.
Schlussendlich landen wir auf einem Parkplatz mitten in der City von Dover … um den herum leider sich die Party-Zone befindet, was zu wenig geruhsamem Schlaf führt.
Um 4:30 sind wir wieder wach und ich drehe eine kurze Kontrollrunde ums Auto … nicht das uns irgendwer eine Flasche hinter den Wagen geschmissen … bzw. sich gleich selbst dort zur Nachtruhe gebettet hat!
Aber alles ist gut und wir fahren das kurze Stück zum Fährterminal … um dort nach schnellem Checkin die Toilette aufzusuchen und dann die Wartezeit in der Schlange zum Kochen von Kaffee und Tee zu nutzen.
Pünktlich um 6:00 geht es auf die Fähre, auf der diesmal erheblich weniger los ist als auf der Hinfahrt. Wir suchen uns ein nettes Plätzchen mit Blick nach vorn und als wir den Hafen verlassen gehe ich nochmal kurz raus, um ein Abschiedsfoto der weißen Klippen von Dover zu machen …
… und dann bleibt uns nicht viel mehr, als in den 2 Stunden Überfahrt nach Dunkerque nicht allzu müde zu werden, was leider nur leidlich funktioniert.
Nach der Ankunft quälen wir uns daher mehr oder weniger über die Autobahn, nur unterbrochen von einem Zwischenstopp zum Tanken und Einkaufen in einem der riesigen französischen Supermärkte sowie einem weiteren biologischen Break irgendwo in Belgien.
Um 16:00 sind wir wieder in Köln …. mit der abschliessenden Erkenntnis, das ein Woche für Cornwall viel zu wenig war!