Nach 3 Nächten in Tintagel an der Nordküste Cornwalls wechseln wir heute die Lokation. Ursprünglich war geplant, Richtung Penzance bzw. Lands End zu fahren, also die südwestlichste Ecke der Britischen Insel, und dort die Küste zu erkunden. Aber aus einigen zuverlässigen Quellen haben wir gehört, das sich das gar nicht mal so sehr lohnt.
Außerdem ist der Weg dorthin zwar in Meilen nicht sehr weit … aber Meilen besagen in dieser Landschaft nicht viel, wo man aufgrund der schmalen und kurvenreichen Straßen immer gefühlt die doppelte Entfernung fahren muss.
Und so haben wir uns entschlossen, uns mehr nach Süden zu orientieren: Über Wadebridge, Truro und Helston wollen wir nach „The Lizard“, den südlichsten Punkt Englands.
(Meilenmäßig vergleichbar mit Land´s End, aber über besser ausgebaute Straßen zu erreichen, weniger überlaufen und landschaftlich sicher ebenfalls sehr beeindruckend!)
Wir verlassen also Tintagel und überqueren dabei die Slaughterbridge im gleichnamigen Weiler: Hier hat King Arthur seinen Erzfeind Mordred im Schwertkampf besiegt, sich dabei jedoch die tödliche Verletzung zugezogen, wegen der er dann nach Avalon ……
Is´klar, ne´?
King Arthur wohin man auch sieht!
Der weitere Weg in Richtung Süden führt uns dann am Bodmin Moor vorbei, einer sowohl geschichtlich als auch literarisch bedeutsamen Landschaft Englands: Zum einen war diese Gegend schon in der Bronzezeit dicht besiedelt, zum anderen ist hier im Bodmin Moor das „Jamaica Inn“ zu finden, jenes Gasthaus in dem der 1936 erschienene gleichnamige Roman von Daphne du Maurier handelt … und der 1939 von Alfred Hitchcock verfilmt wurde (deutscher Titel „Riff-Piraten“).
Aber da werden wir heute nicht vorbei kommen, also Details später!
Das Bodmin Moor selbst wollen wir uns natürlich nicht entgehen lassen, daher haben wir uns aus einem kürzlich in London … natürlich standesgemäß bei der Londoner Reisebuchhandlung Daunt Books … erworbenen Reiseführer „Short Walks in Cornwall“ eine kleine aber sehr feine Wanderung heraus gesucht: In 1,5 Stunden soll es von Camelford aus hinauf ins Moor und um den Rough Tor herum gehen.
Die Zufahrtsstraße von Camelford ist gewohnt „cornisch“ schmal, führt allerdings nach ein paar kurvigen Abschnitten so gerade wie die Bahn eines geschossenen Pfeiles auf den Rough Tor zu, der sich wie der Rücken eines urzeitlichen Tieres aus dem Moor erhebt ….
Irgendwie verführt die Gegend zum schwafeln!!
Ist schon gut, ich versuche, mich zu bremsen!
Etwa eine Meile vor dem Berg erreichen wir den Wanderparkplatz, auf dem um diese frühe Stunde noch gähnende Leere herrscht. Nur eine englische Familie macht sich ebenfalls marschbereit, und einem VW-Bus-Camper, von denen es hier in England endlos mehr zu geben scheint als bei uns, ist anzusehen, das die Besitzer hier die Nacht verbracht haben! (Vielleicht sind wir einfach viel zu gesetzestreu, wenn wir uns immer einen Campingplatz suchen!)
Wir machen uns ebenfalls fertig, wenn auch mit reduzierter Ausrüstung, denn für knuffige 2,5 Meilen (4km) lohnt das volle Proviant-Programm dann doch nicht.
Wir durchschreiten das übliche Weide-Tor und folgen dem Pfad über das kurzgefressene Gras hinauf zum nördlichen der beiden Gipfel, dem Showers Tor.
Die anfängliche Kühle verflüchtigt sich schnell beim scheinbar flachen Aufstieg, bei dem wir den Verantwortlichen für das kurze Gras begegnen ….
Ziemlich bald legen wir die erste Klamottenschicht ab und bewegen uns weiter auf die weithin sichtbare Felsformation zu, die beim Näherkommen immer größer wird, bis sie sich mehrere Meter hoch über uns erhebt, was mich natürlich zur Besteigung herausfordert….
Wir nutzen die Einsamkeit für ein ausgiebiges Foto-Shooting und gehen dann hinüber über den Little Rough Tor an einem Cairn vorbei zum Hauptgipfel des Rough Tor mit dem Logan Rock.
Hier legen wir in einer windgeschützten Ecke eine kleine Pause ein, bevor wir uns durch das Stein-Labyrinth, das sich westlich des Gipfels erstreckt, einen Weg nach unten suchen.
Zurück am, jetzt wesentlich volleren Parkplatz machen wir uns schnell auf den weiteren Weg. Zuerst zurück nach Camelford wenden wir uns dort wieder Richtung Süden zunächst nach Wadebridge. Bevor wir dann weiter nach Truro fahren, machen wir jedoch noch einen Abstecher ans Meer, denn wir sind zwar schon ein paar Tage hier, haben es aber bisher nicht geschafft, wenigstens die Füsse ins Wasser der irischen See zu halten.
Dazu fahren wir nach Perranporth, einem Surfer-Ort am südlichen Ende eines kilometerlangen Sandstrandes. Perranpoth selbst macht nicht viel her … der Strand dafür umso mehr.
Und hier müssen wir auch bemerken, warum es die Briten sowohl zu einem veritablen Weltreich gebracht, als auch den 2. Weltkrieg (mit-)gewonnen haben: Sie sind einfach härter als wir Kontinental-Europäer!! Während wir in dicker Jacke und Mütze über den Strand wandern und nur unter Überwindung die Füße ins kalte Wasser halten, stürzen sich die Kinder hier in Badehose in die Fluten, während Ihre Eltern schon halbnackt an ihrer britischen „Sommer-Röte“ arbeiten.
(Ich fühle mich so untätowiert und durch Textil und Sonnencreme geschützt ziemlich „pussy“!!)
Im Ort teilen wir uns noch eine Portion Fish&Chips, in der Hoffnung, hier am Meer echt frischen und leckeren Fisch zu bekommen …. falsch gehofft!
Der Fisch ist ziemlich ölig und die Chips einfach nicht lecker!
Danach noch eine Cola im lokalen Pub-Beergarden (des WLANs wegen!), ein Eis „to go“ und dann machen wir uns auch wieder auf den Weg, denn so langsam ist es Nachmittag und wir haben noch etwas Strecke vor uns.
Diese ist gespickt mit außerordentlich witzigen Doppel-Kreisverkehren, an denen wir wieder erleben müssen, das die Engländer zwar den Kreisverkehr von den Franzosen übernommen haben …. aber die dazugehörige dynamische Fahrweise nicht beherrschen: Ständig halten Autos vorm Kreisverkehr an, auch wenn niemand von rechts kommt. Das führt zu erheblichen Rückstaus vor jedem Kreisverkehr … und wahrscheinlich einigen panischen englischen Autofahrern, da ich aus Frankreich eben die Angewohnheit übernommen haben, nicht anzuhalten, sondern ziemlich gnadenlos und zügig in jeden noch so vollen Kreisverkehr einzufahren!
Gegen 16:00 erreichen wir „The Lizard“, ein kleines Dorf an der Südspitze Cornwalls. Hier versuchen wir anfangs vergeblich, den von uns vorher ausgesuchten Campingplatz „Henry´s Campsite“ zu finden, denn die Schilder hören im Dorf irgendwo auf.
Erst als wir aussteigen und zu Fuß suchen, finden wir die Einfahrt in einer kleinen Seitenstraße. Und die Campsite ist tatsächlich so, wie es auf der Website scheint: Wie eine Hippie-Kommune! Alles ist bunt angemalt, in der Mitte gibt es ein Pfahl-Rundhaus mit alten Sofas und überall laufen Hühner und Enten herum!
Der Preis pro Nacht ist allerdings alles andere als „hippie“: Satte 26,- Pfund sind angesagt!
Dafür haben wir von unserem Platz einen herrlichen Blick auf´s Meer!
Bevor wir uns zur Ruhe begeben machen wir noch einen kleinen Spaziergang durch die Stadt, kaufen im kleinen Supermarkt noch etwas ein und gehen dann noch zum Lizard Point, der etwas unterhalb des Lizard Lighthouse liegt, das mittlerweile die örtliche Jugendherberge beherbergt.
Am 29. Juli 1588 wurde von diesem südlichsten Punkt Englands aus zuerst die Spanische Armada gesichtet, die der spanische König Philipp II. ausgesandt hatte, um Königin Elisabeth I. zu stürzen …. mit bekanntermaßen geringem Erfolg!
Das etwas abgewrackte Bootshaus an diesem Punkt lässt diesen geschichtlichen Hintergrund kaum erahnen und strahlt stattdessen einen gewissen Grusel aus … aber der Sonnenuntergang ist von hier aus sehr beeindruckend.
Danach gehen wir zurück zur Campsite, geniessen hier den Rest-Sonnenuntergang hinter Palmen (!) ….
….und gehen früh schlafen, denn aus irgendeinem Grund ist mit wieder mal etwas übel. Anscheinend vertrage ich Reisetage nicht gut!
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